Berliner Frühling

von Joachim Klinger

Magnolie - Foto © Frank Becker
Berliner Frühling

Da schau! Das nennt man Blütenpracht!
Forsythie und Flieder,
Magnolie, die über Nacht
sich brüsten auf und nieder.

Noch gestern standen sie gebückt
und ganz im Schlaf verloren.
Doch heute, wunderbar geschmückt,
sind sie wie neugeboren.

Sie stammen aus der feinsten Art,
Prinzessinnen und Fürsten.
Man hat mit Schönheit nicht gespart,
weil sie doch danach dürsten.

Die Tulpen ragen aufgereiht
wie Pagen und Soldaten.
Der Rittersporn hält sich bereit
zu großen Heldentaten.

Der Rhododendron purpurrot
trumpft, Wo die Menschen sitzen,
und neben ihm, der Ilex droht
mit harten Blätterspitzen.

Ja, das ist Aufwand, stolzer Prunk,
die herrlichste Verschwendung!
Der Frühling gibt uns allen Schwung
und manchem eine Wendung.

Weit weg von jedem Blumenbeet,
vom Garten und der Mauer
zeigt sich bescheiden ein Prolet,
nicht Bürger und nicht Bauer.

Mit seinem sonnigen Gesicht
grüßt er dich unverdrossen,
und in der Nähe, eng und dicht,
versammeln sich Genossen.

Der Löwenzahn als dritter Stand,
solide, schlicht und munter,
verschönt sogar den Straßenrand
und macht den Gehsteig bunter.

Joachim Klinger